von Kessie Dönhurst
Die Deutschen und ihre Währung, das war schon immer eine Geschichte mit interessanter Würze. Da lohnt sich doch ein genauerer Blick aufs Thema - erinnern wir uns: Im Jahre 1988 sang die deutsche Band Pur auf ihrer LP „Wie im Film“ die Songzeile:
Bild: Geliebte D-Mark, Du machst uns zahlungsstark, geliebte D-Mark
Ein geschichtlich wesentlicher Moment von vor 35 Jahren, keine Frage. Deutlich wichtiger als der Song war allerdings das Jahr 1948. Die alliierten Westmächte hatten beschlossen, die im Kriegsverlauf ungehemmt gewachsene Geldmenge drastisch zu reduzieren. Die D-Mark wurde eingeführt, und jeder Bürger, der überhaupt am Leben war, konnte mit 40,- D-Mark nochmal von vorne anfangen. Die alte Reichsmark war dadurch praktisch entwertet, denn mehr als die 40 Mark konnten nicht getauscht werden.
Im Jahr 1923 ging es noch drastischer zu. Zum Wechselkurs von einer Billion (ein Einser mit zwölf Nullen!) der alten Weimarer-Republiks-Mark zu einer Rentenmark wurde das neue Geld eingeführt.
Beide waren notwendig geworden, weil durch Kriegskosten, Kriegszerstörungen und Reparationsverpflichtungen die Kassen leer waren. In beiden Fällen hatten die Herren, die an der Spitze saßen, Geld in unvernünftiger Menge nachgedruckt, um die Kosten zu stemmen. In beiden Fällen hatten die Bürger das Vertrauen ins Geld verloren, und Güter nur noch gegen andere Güter getauscht, oder alternative Währungen (ja, auch Zigaretten) eingeführt. In beiden Fällen waren die Läden vor der Reform leer (siehe oben: Vertrauen ins Geld verloren), aber nach der Reform plötzlich wieder voll – der sogenannte „Schaufenstereffekt“, der für normale Menschen wie Zauberei gewirkt haben muss.
Dieses Phänomen ist eine ganz natürliche Reaktion auf Kaufkraftverlust. Die Betriebe, die etwas produzieren, hören damit nicht auf, nur weil das Geld nichts mehr wert ist. Die Produkte gelangen allerdings nicht in den Handel, sondern werden gelagert. Dieser Effekt verstärkt sich, je näher eine mögliche Währungsreform rückt. Da der Händler weiß, dass das Geld, das er heute für eine Ware erhalten hat, morgen weniger wert ist, behält er lieber die Waren.
Durch eine Währungsreform wird die Geldmenge reduziert, entweder durch einen irrsinnigen Wechselkurs wie 1923, oder eine Begrenzung des umtauschbaren Betrages wie 1948. Sofort ist die Inflation gestoppt, und die Händler holen ihre Produkte aus dem Lager. Die Regale und Schaufenster sind über Nacht gefüllt. Abrakadabra!
Die Währungsunion nach der Wende im Jahr 1990 war anders, als die vorangegangenen. Es ging nur darum, den Wirtschaftsraum der ehemaligen DDR ins deutsche Finanzsystem einzugemeinden. Dies hätte der BRD um ein Haar das Genick gebrochen.
Die umtauschbare Geldmenge pro Person war nicht limitiert, und es gab einen quasi-fixen Wechselkurs. Doch die Bundesregierung hatte keine wirkliche Vorstellung davon, wie viel Geld überhaupt in der DDR existierte. In der DDR war Inflation praktisch unmöglich, da Verbrauchsgüter zu staatlich festgesetzten Preisen verkauft wurden. Lebensnotwendige Dinge wurden, auch wieder unter staatlicher Kontrolle, in genügender Menge produziert. Weil jedoch nur die wenigsten „Volkseigenen Betriebe“ kostendeckend arbeiteten, wurde Monat für Monat frisches Geld gedruckt, um Löhne und Gehälter zu bezahlen.
Als klar war, dass es eine Währungsreform geben wird, wurden bei der Staatspartei SED die Druckmaschinen angeworfen. Wo dieses frisch gedruckte Geld jeweils hingewandert ist, steht bis heute nicht endgültig fest. Dies führte nebenbei zu kuriosen Begebenheiten, wie dem Halberstädter Stollen, in dem tonnenweise druckfrische DDR-Scheine endgelagert werden sollten.
Dieses Vermögen wurde nach der Währungsunion zu legalen D-Marks gemacht. Damit es nicht eingezogen werden konnte, unternahmen die obersten SED-Bosse alles in ihrer Macht stehende, um zu erreichen, dass die Partei nicht verboten, sondern lediglich umbenannt wurde. Es wurden gut ausgerüstete Task Forces auf die Suche geschickt, die Schiebereien aufzuklären, aber der Erfolg war mäßig. So kann die SED, die inzwischen „Die Linke“ heißt, noch heute großzügig auf Parteispenden aus der Industrie verzichten.
Irgendwo liegen noch Millionen-, wenn nicht sogar Milliardenbeträge an altem SED-Parteivermögen herum – inzwischen schön brav in Euro umgetauscht. Obwohl er kurz davor stand, ist der deutsche Finanzhaushalt durch die Währungsunion dann doch nicht kollabiert. Der Fußballer bezeichnet so etwas als: Eine enge Kiste.
Oh, was hat denn das Jahr 1971 mit Währungsreformen zu tun? Ganz einfach. Das, was in der alten DDR sowieso Staatsräson war, konnte im Prinzip auch die Bundesbank. Zumindest seit 1971. In diesem Jahr wurde mit dem Bretton-Woods-System auch der Goldstandard abgeschafft. Bis zu diesem Zeitpunkt musste die Bundesbank einen Vorrat an Gold besitzen, mit dem die herausgegebene Geldmenge (inkl. Giralgeld!) abgedeckt werden konnte.
Seit der Abschaffung hingegen, kann der Staat in beliebiger Menge Geld selber drucken. Was noch schwerer wiegt, ist die Befugnis mancher Banken, Geld zu verleihen, das überhaupt nicht existiert. Dieser Vorgang wird „Giralgeldschöpfung“ genannt. Als Folge davon hat sich die Geldmenge seit 1971 drastisch vermehrt, was einigen Volkswirten mächtige Sorgen bereitet.
Wer einmal erlebt hat, dass man für Geld praktisch nichts mehr kaufen kann, behält ein heftiges Misstrauen gegenüber seinem dauernden Wert.
(Heinz Liebscher)
Wie immer schwebt bei einer ungezügelten Geldvermehrung das Damoklesschwert mit Namen „Vertrauensverlust“ in der Luft. Vertrauensverlust würde Inflation bedeuten, was bei einer Exportnation sofort verheerende Wirkung entfaltet. Die Folge wäre ein völliges Ende des Glaubens in den Wert des Geldes, und der dann unweigerlich einsetzende Teufelskreis aus Inflation und Misstrauen. Die Deutschen - ein ganzer gebrannter Kindergarten.
Mit der Einführung des Euro wurde die D-Mark zu einem fixen Wechselkurs umgetauscht. Das galt für Bar- wie für Giralvermögen. Was vorher noch ‚erfundenes‘ Geld war, existierte in den Köpfen nun als echte Marie, und man musste sich keine Sorgen mehr um Inflation machen. Dies – auch das sollte man wissen – war in jedem europäischen Land gängige Praxis, und keineswegs nur in Deutschland.
Bild: Alte D-Mark, neuer Euro - keine Sorgen!
An dieser Stelle könnte die Geschichte zu Ende sein. Die Währung ist wieder stabil, Inflation ist nicht zu befürchten, die staatlichen Lenker haben etwas gelernt, und gehen mit dem Euro sorgfältiger um, als zuvor mit ihren Landeswährungen. Ehrlich? Pustekuchen! Binnen fünf Jahren nach der Euro-Einführung hatte sich die Geldmenge bereits verzehnfacht. In Worten: verzehnfacht!
Wie man solche Geldbeträge am Bewusstsein der Menschen vorbei in den Markt schleusen kann, ist eine ganz neue Disziplin in der Welt der ungehemmten Geldvermehrung. Sie muss unbemerkt geschehen, damit das Vertrauen erhalten bleibt.
Über die Tricks und Kniffe kannst Du einiges hier auf dem Portal lesen. Weil diese Methoden aber auch nicht ewig funktionieren werden, so kann ich mir durchaus vorstellen, dass der Euroraum in einigen Jahren kollabieren wird. Allerdings nur beinahe, da die Länder rechtzeitig wieder ihr altes Geld einführen. Wetten, dass dann am Ende ca. 100x so viele D-Mark im Umlauf sein werden, wie Ende 2001?
Ich setze eine Flasche Asti Cinzano!
Kessie Dönhurst
Ich schreibe nur, wenn ich recht habe. Deshalb solltest Du umso aufmerksamer lesen!