von Kessie Dönhurst
Zunächst mag es wie ein Witz klingen, wenn jemand nach Gemeinsamkeiten zwischen der DDR (R.I.P.) und El Salvador fragt. Doch hatten beide Länder das gleiche Problem – vorausgesetzt, Du, lieber Leser, begibst Dich eine Handvoll Jahrzehnte in die Vergangenheit.
Beide Länder hatten (so, wie jedes andere auch) eine Währung. In der DDR war es die „Mark der deutschen Notenbanken“ (später „DDR-Mark“), in El Salvador der „Colón“. Beiden Währungen konnte niemand einen echten Wert beimessen. Und das war sie schon, die Gemeinsamkeit. Hättest Du es gewusst? Héhéhé!
Kurz zu El Salvador
El Salvador hatte kein überdurchschnittlich großes Inflationsproblem – zumindest keines, über das nicht Griechenland oder Jugoslawien hätten laut lachen können. Prä Euro, versteht sich. Und prä Balkankrieg, aber das ist ein anderes Thema. Das Problem in El Salvador waren die politischen Unruhen. Für die Finanzwelt bedeutet das Unsicherheit – und das sei ein großes Problem, hat mir Carsten erklärt.
Die Salvadorer lösten das Problem im Jahr 2001, indem sie einen festen Wechselkurs zwischen Colón und US-Dollar einführten. Damit wurden heftige Schwankungen und Inflationsgefahr ganz locker auf den breiten Schultern des Greenbacks endgelagert. Der Ami konnte noch nicht einmal etwas dagegen unternehmen – und jetzt kommen endlich auf die DDR zu sprechen.
Zur DDR
Die DDR hatte ein ähnliches Problem, wie El Salvador – nur schlimmer. Auch deren Währung war auf dem Papier nichts wert, und hatte doch genug Fleisch auf den Rippen (allerdings nur theoretisch), um eigentlich als Währung ernstgenommen werden zu können. Diese Chance haben sie allerdings selber verbaselt. Vielleicht auch nicht – das werden wir gleich noch sehen.
Dem Sozialismus wohnt eine Tugend inne: die gleichmäßige Verteilung des Elends.
(Winston Churchill)
Fester Wechselkurs geht nicht so einfach
Vielleicht fragst Du Dich gerade, warum Länder mit Inflationsproblem nicht einfach einen festen Wechselkurs zu einer anerkannt stabilen Währung einführen. Die Antwort ist ganz einfach. Währungen beruhen im Wert neben anderen Faktoren vor allem auf Glauben – zu sehen brandaktuell am Euro. Wenn der Glauben nicht ausreicht, hat die Währung keine Chance.
In einem Land mit zu großer Inflation (bzw. zu kleinem Glauben) würde die Bevölkerung am ersten Tag des festen Wechselkurses das eigene Geld nehmen, und samt und sonders in die angeknüpfte Fremdwährung umtauschen. Gibt es nicht genügend Reserven dieser Währung auf den Banken, kollabiert das System sofort, mit ungeahnten Folgen. In El Salvador war das kein Problem, da ohnehin schon Milliarden US-Dollar im Umlauf waren, da dieser sich als eine Parallelwährung längst etabliert hatte.
Bild: Die Ostmark hatte nur theoretischen Wert (Foto: Bild13/Imago)
Fester Wechselkurs in der DDR(?)
Für die DDR kann es bis heute niemand so recht abschätzen, ob ein fester Wechselkurs die Ostmark wirklich konvertierbar gemacht hätte. Die Situation war deutlich komplexer, als in El Salvador.
Dies hätte für eine Fixierung gesprochen:
Dies waren die Hinderungsgründe für einen fixen Wechselkurs:
Erklärung für die Gründe
Die DDR gibt es nun schon seit 1990 nicht mehr, und unter denen, die alt genug sind, um sich noch lebhaft zu erinnern, kann auch nur ein rundes Fünftel wirklich verstehen, was in der Zone so alles wirklich vorging. Die anderen hatten keine Chance, die DDR hautnah selber zu erleben.
Touristen aus der BRD wurden gezwungen, an der Grenze D-Mark gegen Ostmark einzutauschen, aber ohne Rücktauschrecht. Der Kurs war 1:1, und die Höhe des Zwangsumtausches war zuletzt 20,- Mark pro Tag des Aufenthalts in der DDR. Dies war eine sprudelnde Devisenquelle für das Zentralkomitee der SED, die mit der Einführung eines fixen Wechselkurses weggefallen wäre.
Auf der Westseite der deutschen Landen konnte keiner so recht einschätzen, wie viel Ostmark in Bar und auf Bankkonten im Umlauf waren. Wie sich später herausstellte, war dies deutlich mehr, als man je geglaubt hätte. Nun gut, man darf annehmen, dass die Oberstaatssekretäre in der DDR da mehr Einblick hatten. Und da ist es durchaus möglich, dass es niemals genug D-Mark gegeben hätte, um die Umtauschwünsche der Ostbevölkerung zu bedienen. Und dann ist da ja noch das Thema des Glaubens. Die DDR-Bürger selbst hatten für ihr Geld nicht viel übrig. Die Münzen wurden abfällig als „Alu-Chips“ bezeichnet, das Papiergeld als „Yen“.
Kein fixer Umtauschkurs zwischen Ost- und Westmark
All das sind gute Gründe, doch wahrscheinlich war es die Ideologie, die einen festen Umtauschkurs verhinderte. Schon im Kindergarten wurde den kleinsten Ostbürgern beigebracht, dass die DDR in Wahrheit viel reicher war, als die BRD. Auf den Mangel an Bananen, Fernsehern oder Schokolade angesprochen, wurde üblicherweise erklärt, dass den Westdeutschen dieser Mangel noch bevorsteht. Der Sozialismus in der DDR sei die letzte Vorstufe zum Kommunismus, in dem dann alle alles hätten, und niemand mehr Mangel leiden müsse. In dieser Denkstruktur war es schlicht unmöglich, zuzugeben, dass die Ostmark weniger wert wäre, als die Westmark.
Was hat Bitcoin damit zu tun?
El Salvador hat nicht damit aufgehört, in finanziellen Dingen vorauszudenken. Im September 2021 – der US-Dollar war immer noch einzige Währung im Lande, nachdem der Colón aus praktischen Erwägungen langsam verschwunden war – wurde Bitcoin zur Landeswährung erklärt. Dies zeichnete ein komplettes Novum in der Finanzwelt. Die erratische Geldpolitik der USA wurde als Anlass in die Notizbücher der Journalisten diktiert.
Das klingt nicht ganz aus der Luft gegriffen, war doch in den USA unter höchst seltsamen Umständen ein Präsident ins Amt gewählt worden dem wenige Wissende zutrauen würden, dass er ein Butterbrot schmieren kann. Sämtlichen Spekulationen in Richtung Schiebung oder Wahlbetrug sei allerdings eine klare Absage erteilt. So etwas würde es niemals geben. Wir lieben Präsident Biden!
Trotzdem: warum gerade eine Kryptowährung?
El Salvador ist nicht das, was man ein hochentwickeltes Land nennen würde. Schätzungen zufolge hatten ¾ der Einwohner keine Möglichkeit, ein Bankkonto zu eröffnen. Eine App auf dem Smartphone zu installieren, war deutlich einfacher auf breiter Fläche auszuwalzen. Diese heißt ‚Chivo‘ und ist der feuchte Fiebertraum deutscher Politiker. Deswegen erzählt ihnen bloß nichts davon – denn eine solche App macht es zum Kinderspiel, den ganzen Zahlungsverkehr zu loggen und zu mappen.
Und kein Salvadorer ist davon einen Pfennig reicher geworden.
Am Ende hat die DDR doch noch ihren fixen Wechselkurs bekommen
1990 kam die Wiedervereinigung und brachte die D-Mark in den Osten. Bald konnte hochoffiziell von Yen nach DM getauscht werden, je nach Alter einen bestimmten Betrag zum Kurs 1:1, den Rest 1:2 – aber auch wieder je nachdem, wann das Geld erwirtschaftet wurde.
Für die damalige Regierung Kohl war das ein Schock, denn niemand ahnte, welche Geldbeträge auf den Bankkonten der Bürger lagen. Schließlich wurde das Geld für den Lohn der Arbeiter in maroden Betrieben Monat für Monat neu gedruckt. Inflation gab es nicht, da alle Gebrauchsgüter und Lebensmittel Festpreise besaßen. Kaufen konnte man deshalb allerdings nicht mehr – für den typischen DDR-Bürger war es ganz normal, vor leeren Regalen zu stehen, und es vielleicht am nächsten Tag nochmal zu versuchen. Viele Menschen hatten irrsinnige Geldbeträge auf der Bank, mit denen sie nichts anfangen konnten.
Doch dann kam die Wiedervereinigung.
Großer Schindluder auf Kosten der (west)deutschen Steuerzahler
Keiner weiß, wie viel Geld die damalige SED sich noch schnell nachdrucken ließ, um sie dann in DM umzutauschen. Es muss eine ganze Menge gewesen sein, denn bis zum heutigen Tag verzichtet die Partei (nicht verwirren lassen: sie hat sich ein paar Mal umbenannt, und heißt nun „Die Linke“) vollständig auf Spenden seitens der Industrie.
Dann gibt es da noch den berüchtigten ‚Schatz von Halberstadt‘ – tonnenweise druckfrische DDR-Mark-Scheine konnten aus Druckereien und Gelddepots sichergestellt werden bevor diese auch in den offiziellen Umtausch gelangten - den Aufzeichnungen zufolge 108,9 Mrd Mark. Was mit diesen Scheinen danach geschah, ist allerdings eine andere Geschichte, und soll ein andermal erzählt werden.
Was lernen wir daraus?
Man kann lange mauscheln und mit Tricks und Kniffen einen Staatsapparat am Laufen halten, doch früher oder später kollabiert jedes System. Wahrer Wohlstand für alle geht nur über produktive Arbeit, und produktive Arbeit kann nur florieren bei einem Minimum an Bürokratie. Den einen oder anderen Bundesdeutschen sehe ich jetzt wehmütig eine Träne wegdrücken – aber mir geht es ja auch so.
Deshalb gibt es ja diese Plattform!
Kessie Dönhurst
Ich schreibe nur, wenn ich recht habe. Deshalb solltest Du umso aufmerksamer lesen!